RTU-Open in Riga: erste Internationale Turniererfahrungen

Ihre ersten internationalen Turniererfahrungen durften Christian und Maxi Anfang der Sommerferien in der lettischen Hauptstadt Riga machen. Günstige Flüge von Prag machten das Abenteuer möglich.

Neben Schach hat Riga, die größte baltische Stadt, auch kulturell einiges zu bieten. Ehemals von deutschen Kaufleuten gegründet ist die alte Hansestadt berühmt für ihre Jugendstilbauten und die gut erhaltene Altstadt. Unvergesslich war der Besuch eines Orgelkonzertes im Rigaer Dom, dessen Orgel bei ihrer Einweihung 1884 mit 124 Registern und 6718 Pfeifen die größter der Welt war. Kaum zu glauben, dass Riga über 50 Jahre lang Teil der Sowjetunion war.

Zum Turnier: Das Riga Technical University Open gehört mit über 800 Teilnehmern in 6 Kategorien zu den größten und wichtigsten Turnieren Ost-Europas. Im A-Turnier gingen 31 Großmeister an den Start, darunter der 13-jährige indische Shooting-Star Dommarjahu Gukesh, aktuell weltweit jüngster Großmeister (nach Sergey Karjakin sogar zweitjüngster GM aller Zeiten).

Neben Maxi und Christian (beide im U14-Tournament) war auch eine größere Delegation vom SC Erlangen mit dabei (zwei ebenfalls bei den U14ern, vier im A- bzw. B-Tournament). Zu Beginn war es uns allen klar, dass es ausschließlich um das Sammeln von Erfahrung geht. Wer auf die DWZ schaut, darf dort nicht mitspielen. Osteuropa kennt keine nationalen Wertungszahlen. Hier zählt nur die internationale ELO. Da ELO aber ohne Beschleunigungsfaktoren gerechnet wird, sind dort alle Jugendliche stark unterbewertet. So kann ein aufstrebender Russe mit 1350 ELO einen hiesigen Bezirksligaspieler vor völlig unlösbare Probleme stellen. Somit erreichte auch keiner von den acht Spielern aus Mittelfranken die eigene DWZ als Turnierleistung.

Christian spielte dennoch ein sehr gutes Turnier. Man muss bedenken, dass viele seiner Gegner wieder älter waren als er. Mit 5/9 erreichte er einen erfreulichen 17. Platz (von 43). Mit 1327 ELO schaffte er auch die beste Performance aller 5 deutschen Spieler in der U14. Die erste Runde gewann er leicht. In der zweiten Runde spielte Christian eine ganz starke Partie gegen den an Setzliste 6 stehenden Letten Andrejs Freibergs, der fast 1600 ELO auf die Waage brachte. Nach 52 Zügen verwertete Christian seinen minimalen Vorteil im Bauernendspiel durch schon beachtliche Endspiel-Künste. In der dritten Runde war dann Endstation. Gegen Mikelis Vingris (LAT), der am Ende Platz 3 belegte, kam Christian mit den schwarzen Steinen schlecht aus der Eröffnung und konnte sich auch in der Folge nicht mehr befreien. Ganz tragisch endete die vierte Runde gegen Jakub Liskiewicz (POL). Auch hier kam Christian nicht gut aus der Eröffnung. Fast 3,5 Stunden verteidigte er eine schwer zu spielende Druckstellung. Dann endlich konnte er sich durch einen taktischen Schlag befreien, gewann Bauer und Qualität. Doch Zeit und Kräfte waren bald darauf zu Ende. In immer noch klar gewonnener Stellung machte Christian kurz hintereinander zwei ungültige Züge (einmal Schrägschach, einmal Fesselung übersehen) und das Spiel war aus. Es zeugt von mentaler Stärke, dass er den Kopf nicht hängen ließ und den Spieß in der nächsten Runde gegen Ostins Pavlov (LAT) umdrehte. Diesmal verlor sein Gegner am Ende die Nerven. Christian ließ sich am Anfang des Mittelspiels ganz blöd die Dame einsperren, fand aber dennoch die beste Fortsetzung, so dass die Stellung mit Qualität und Bauern weniger noch einigermaßen spielbar blieb. Nach lange anhaltendem Druckspiel gewann Christian 2 Bauern, so dass die Partie nach 3,5 Stunden in ein ausgeglichenes Endspiel mündete. Die Remis-Gebote des Gegners in den Wind schlagend gelang dann nach 4 Stunden im 75. Zug endlich der Bauerndurchbruch, was diesmal den Letten ins Tal der Verzweiflung stürzte. In Runde 6 gegen den aus Usbekistan(!) angereisten Alisher Umurzakov, der jüngst beim Moskau-Open auf sich aufmerksam machte, verlor Christian seine einzig wirklich schwache Partie. Die nächste Runde gegen Anton Rychagov (EST) endete nach 35 Zügen mit dem ersten remis. Dafür konnte in Runde 8 wieder der volle Punkt eingefahren werden. Germans Sergejevs gab im 56. Zug auf. Den Abschluss bildete ein Remis gegen Sofija Sergejeva (RUS). Damit waren am Ende 5 Punkte auf der Habenseite.

Maxi erkämpfte sich einen Sieg und zwei Remis. Dazu kam noch ein kampfloser Punkt. Das machte am Ende Rang 40. Auf internationalen Niveau ist er tendenziell noch überfordert (hier werden schon kleinste Fehler gnadenlos bestraft). Zwei Partien gingen aber auch recht unglücklich verloren. Manchmal fehlt ihm noch der Blick dafür, was der Gegner mit seinem letzten Zug droht. Die Analyse der Partien mit ihren Fehlern wird auch ihn weiter voranbringen.

Am Ende stand noch ein ganz besonderes Highlight auf dem Programm: Der Rückflug nach Prag ging mit einer zweimotorigen Propeller-Maschine.


(Dr. Frank Zimmer)